Umgang mit dem/der zu Betreuenden - Erwerb von Handlungskompetenzen im Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten und Stimmungsschwankungen

Sito: VSBI Learning Center
Corso: Schulung für Unterstützer*innen im Alltag - Bad Salzungen
Libro: Umgang mit dem/der zu Betreuenden - Erwerb von Handlungskompetenzen im Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten und Stimmungsschwankungen
Stampato da: Gast
Data: sabato, 24 maggio 2025, 05:30

Descrizione

Hier finden Sie einen Text mit grundlegende Informationen zur Erklärung von und zum Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten. 

1. Einleitung

Innerhalb der Angebote zur Unterstützung im Alltag ist es auch unsere Aufgabe, Sie als Übungsleiter*in vor Überforderung und Überlastung im Rahmen unserer Möglichkeiten zu schützen. Es ist nicht selten, dass Menschen mit Beeinträchtigungen herausforderndes Verhalten zeigen. Dabei ist es normal und alltäglich, dass Konflikte entstehen. Besonders pflegende Angehörige sind überlastungsgefährdet.

Uns geht es darum, Ihnen Wege aufzuzeigen, mit Krisensituationen umgehen zu können und wie Höhen und Tiefen sowie Spannungen zwischen Gefühl und Vernunft in Ihrer Tätigkeit ausbalanciert werden können.

Zu Beginn ein Fallbeispiel, eine Tochter berichtet:

Mein Vater ist 76 Jahre, er hat die Diagnose einer Demenz im 1. Stadium. Meine Mutter lebt gemeinsam mit ihm in einem Haushalt. Wenn fremde Personen oder auch entferntere Angehörige zu Besuch sind, zeigt er sich sehr höflich und unterhaltsam. Wenn ich als Tochter oder auch meine Mutter mit ihm allein sind, kommt es zu Beschimpfungen und Verweigerungsverhalten bzgl. der Medikamente, der Körperhygiene und dem Essen.


2. Definition und mögliche Ursachen

Hier erfahren Sie etwas zur Definition und möglichen Ursachen von Verhaltensauffälligkeiten.


Gefühlsstörungen treten in Form eines raschen Wechselns von Emotionen und Gestimmtheit auf. Auslöser können geringfügige Reize sein. Die Differenzierung der von außen ankommenden Gefühlen gelingt dem/der Betroffenen nicht mehr adäquat, er/sie wird zum Spielball seiner eigenen Emotionen.

Wenn Menschen daran gehindert werden, über einen gewissen Freiheitsspielraum und Einfluss auf die Umgebung zu verfügen, erleben sie eine Einengung oder Verletzung ihrer Selbstbestimmung. Dies resultiert in der Motivation, die verlorene Freiheit zu sichern oder zurück zu gewinnen. Dies kann sich auch in Form von Angst, Enttäuschung, Wut und Aggression zeigen. Je weniger ein Mensch über sozial anerkannte Formen sozialer Kompetenz verfügt, umso eher wird er versuchen, unter Einbeziehung sozial abweichender oder stigmatisierter Formen, seine Selbstbestimmung wiederherzustellen.

Verhaltensauffälligkeiten betreffen meist Abweichungen im psycho-sozialen Bereich. Das kann die Motivation, Emotion oder das Sozialverhalten betreffen. Pflegende und Betreuende sollten herausforderndes Verhalten auch immer unter dem Aspekt eines Anpassungsversuches betrachten. Es ist in vielen Fällen damit zu rechnen, dass herausforderndes Verhalten einen Versuch des/der Pflegebedürftigen darstellt, sich auf einer anderen Ebene psychologischen Funktionierens anzupassen, auszudrücken, mitzuteilen, aus Situationen Sinn zu machen, sich gegenüber der Umwelt zu behaupten. Folgende Punkte können herausforderndes Verhalten begünstigen oder auch selbst eine Verhaltensauffälligkeit darstellen:

Sozialer Rückzug, Depression, Unruhe/Wandern, Gestörter Schlaf-/WachRhythmus, Aggressivität, Misstrauen; Wahnvorstelleungen und Halluzinationen

Verhaltensauffälligkeit

Betrachtung potenziell auffälligen Verhaltens im Kontext mit jeweiligem Verlauf und Auswirkungen auf den/die Betroffene*n und dessen/deren Umfeld.

Um mit schwierigen Situationen umgehen zu können, ist es hilfreich einen Blick auf sich selbst zu werfen. Wenn sie selbst einige Vorrausetzungen mitbringen, senden Sie auch keine Signale, die eventuell falsch verstanden werden können. Wichtig ist, dass Sie als Übungsleiter*in Ihre eigene Persönlichkeit annehmen. Verstellen Sie sich nicht, nur weil Sie denken, es könnte deeskalierend sein, wenn Sie ruhiger, lauter oder … wären. Versuchen Sie also authentisch zu sein. Das bemerkt auch Ihr Gegenüber. Sorgen Sie für Ihre eigene Stabilität (körperlich, geistig, seelisch). Achten Sie auf angemessene Körpersprache und eine angemessene, einfühlsame Stimmlage. Seien Sie geduldig oder ziehen gegebenenfalls auch Grenzen, wenn es Ihnen zu viel wird. Und besonders wichtig: Versuchen Sie die Signale Ihres/r zu Betreuenden zu empfangen. Nehmen Sie intensiv wahr und bleiben Sie sensibel.


3. Was tun bei häufigen Konflikten durch Verhaltensauffälligkeiten/Stimmungsschwankungen?

Hier erhalten Sie einige Tipps zum Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten/ Stimmungsschwankungen.


Konflikte sind normal, alltäglich und können entwicklungsförderlich sein. Die Frage ist also nicht, ob es Konflikte gibt oder wie sie zu vermeiden sind, sondern wie mit Konflikten umgegangen werden soll: Werden sie verschwiegen oder vertuscht? Werden sie angesprochen und bearbeitet? Sie können einige Dinge beachten, um Konflikte sowie auch Stimmungsschwankungen zu vermeiden.

Ich-Identität/Selbstwertgefühl stärken – aktivierende Pflege ist hierfür gut geeignet. Beziehen Sie den/die zu Betreuende*n mit in den Alltag ein, auch wenn das Ergebnis nicht perfekt ist, fühlt sich die Person wertgeschätzt und nützlich.
Bewegung – gehen Sie spazieren, machen Sie Gymnastik (auch im Sitzen). Gerade in der dunklen Jahreszeit ist Licht ein Faktor, der die Stimmung positiv beeinflussen kann.
Sorgen Sie für eine ruhige Umgebung! Sprechen Sie (nicht übertrieben) langsam und deutlich mit dem zu Betreuenden und bleiben Sie geduldig. Versuchen Sie Anschuldigungen zu ignorieren.
Geben Sie Raum und Zeit zum Gespräch! Vermeiden Sie Stress, Lärm und Gedränge! Versuchen Sie empathisch zu sein und dennoch eine respektvolle Distanz zu wahren. Als Angehörige*r ist dies natürlich deutlich schwieriger umzusetzen.
Spielen Wahnvorstellungen und Halluzinationen eine Rolle – akzeptieren Sie diese. Es ist meist zwecklos über die Realität aufzuklären, denn für die betreffende Person ist eine Halluzination die Realität. Versuchen Sie sich auch in Ängste einzufühlen, aber teilen Sie die Ängste nicht.
In schwierigen Situationen kann auch Ablenkung beruhigend wirken, motivieren Sie die Person für eine andere Tätigkeit, welche nicht überfordernd wirkt. 

Allgemein sind wortreiche Diskussionen meist nicht zielführend, wenn sich herausforderndes Verhalten zeigt. Es ist dennoch wichtig, sofort zu intervenieren, eine angstfreie Ausgangssituation herzustellen sowie Grenzen zu setzen und Raum zu lassen.


4. Konfliktbewältigungsstrategien

Hier erhalten Sie Informationen zum Umgang mit schwierigen Situationen zwischen Übungsleiter*in und zu unterstützender Person.

4.1. Deeskalation

Was bedeutet Deeskalation? Sie ist darauf ausgerichtet Aggressionen, wo immer diese auftauchen, zu verstehen, zu deuten, zu verändern und zu vermeiden. Es geht hier also um Ihre Kompetenz als Übungsleiter*in, inwieweit Sie in der Lage sind, mit Stress umzugehen bzw. Aggression und Gewalt zu verhindern.

Deeskalation = Konfliktbewältigung

Ist eine Situation sehr angespannt und Sie befürchten das Kippen der Stimmung macht es Sinn, wenn Sie sich einen Fahrplan für sehr schwierige Situationen im Umgang mit Ihrem/r zu Unterstützenden bereithalten.

Das Geringste ist natürlich, Sie verhindern das Aufkommen von Aggression und Gewalt. Versuchen Sie zu identifizieren, warum sich Aggressionen anbahnen können und vermitteln Sie ein Höchstmaß an Autonomie und Mitbestimmung. Auch ist es sinnvoll, wenn Sie versuchen Ihre Sichtweise zu ändern und herausforderndes Verhalten nicht gegen Sie als Übungsleiter*in, Ihre Kompetenz oder Ihren Selbstwert gerichtet zu interpretieren. Versuchen Sie auch ein gewisses Verständnis für die Ursachen und Beweggründe eines herausfordernden Verhaltens aufzubringen. Dies können Sie tun, indem Sie die Bedürfnisse, Probleme und die Gefühle hinter dem Verhalten wahrnehmen. Stellt sich eine Situation als hochangespannt zwischen Ihnen als Übungsleiter*in und dem/der zu Unterstützenden dar, kann mit speziellen Kommunikationstechniken deeskalierend eingewirkt werden. Hier gibt es viele Formen der Kommunikation, einige haben sich besonders bewährt und werden in diesem Text an anderer Stelle vorgestellt. Grundsätzlich ist hier wichtig, dass Sie auf Ihre eigene Körpersprache, Mimik, Gestik und Stimme achten; sich nicht hektisch und ausladend bewegen; Abstand halten; sich nicht provozieren lassen und Augenkontakt halten; provozieren Sie auch nicht selbst; genauso wenig sind hier Vorwürfe, Ermahnungen und Drohungen angebracht. Versuchen Sie eine konstante wertschätzende Haltung zu vermitteln.

Wir hoffen, dass Sie nie in eine derart unangenehme und angespannte Lage kommen und bitten Sie eindringlich, Kontakt zur pädagogischen Leitung des VSBI e.V. bzw. auch zum persönlichen Umfeld des/der zu Unterstützenden aufzunehmen.

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4.2. Aktives Zuhören

Aktives Zuhören = Kommunikationstechnik

Aktives Zuhören ist eine Grundvoraussetzung für einen verständnisvollen Dialog. Nur so können eine Vertrauensebene aufgebaut und Missverständnisse vermieden werden. Es erfordert die Aktivität des/der Zuhörenden und ermöglicht im Gegensatz zu passivem Zuhören eine urteilsfreie, wohlwollende und verständige Atmosphäre. Für sämtliche Personenkreise bietet die Technik des aktiven Zuhörens ein großes Potential, um Gesprächspartner*innen besser zu verstehen und Gespräche empathischer zu gestalten. Denn es existieren deutliche Unterschiede zwischen dem Hören, Hinhören und Zuhören. Damit aktives Zuhören gelingt, bieten sich verschiedene konkrete Voraussetzungen und Techniken an. Diese umfassen sowohl verbale, also sprachliche Methoden, als auch nonverbale, körpersprachliche Techniken. Wer zuhört, sendet viele verschiedene Signale an sein Gegenüber. Das Gesagte lässt sich unterschiedlich interpretieren. Dementsprechend nutzen Zuhörer*innen im Regelfall weitere Signale wie die Gestik und Mimik, um eine Nachricht korrekt zu verstehen. Gestik und Mimik sowie der Tonfall und die Wortwahl beeinflussen wesentlich, wie eine Nachricht bei dem/der Gesprächspartner*in ankommt. Diese/r kann ebenfalls dazu beitragen, eine friedliche Atmosphäre des Wohlwollens und Verstehens zu erschaffen, indem die Techniken des empathischen Zuhörens zum Einsatz kommen.

 7 Techniken aktiven Zuhörens

http://www.lern-psychologie.de/ kommunikation/aktives zuhoerenuebung.pdf

Aktives Zuhören kann einen wichtigen Beitrag für eine gute Zusammenarbeit zwischen Ihnen als Übungsleiter*in und der zu unterstützenden Person leisten. Andere Meinungen zu respektieren, bedeutet nicht gleich auch deren Akzeptanz. Ihre eigene Wahrheit und Sichtweise ist nicht immer identisch mit der Ihres Gegenübers. Aber ein Perspektivwechsel kann immer auch eine Bereicherung mit sich bringen. 

Sollte es massive Schwierigkeiten in der Kommunikation mit dem/der zu Unterstützenden geben, wenden Sie sich bitte an die Beratungsstelle (Café B).

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5. Quellen